Mittwoch, 22. Oktober 2014

Mein Ziel ist es sich mit Erwerbsarbeit in die Gesellschaft einbringen zu dürfen, in einem Bereich in dem man sich gut auskennt und mit dem man sich identifizieren kann. Das ist alles, mehr wollte ich vor 2 Jahren nicht als der unten angeführte Text entstanden ist, mehr will ich jetzt nicht. Da das so nicht geglaubt geschweige denn anerkannt wird werde ich bei neueren Einträgen die autobiographische Ebene stärker als bisher verlassen. Der gesellschaftskritische Kontext soll erhalten bleiben.

Manchmal bekommt man auf die Bewerbung gar keine Antwort , manchmal ist es besser.
"Viele Bewerber, nicht in der engeren Auswahl", etwas diplomatischer formuliert aber eindeutig ein Standardtext immerhin einzeln zurückgemailt, per Tastatur die Adresse zum "An" kopiert, oder gibt es da auch eine Software die den vielen Mails einen Hauch von vermeintlicher Individualität verleiht!?  Der Wortlaut ist unterschiedlich. Man kann das Vernichtende "Sie nicht" auf bis zu einer Seite Länge verhöflichen ohne dass ein Bezug zu der eigenen Bewerbung erkennbar ist und ohne dass Hoffnung geschürt wird mit "Evidenz halten", oder ähnlichen Formulierungen die nur unwesentlich besser sind als die Wünsche "Wünschen Ihnen für Ihre weitere Berufslaufbahn alles gute", die man sich von dem Adressierenden nicht wünscht, weil das Gute ausgelagert ist, auf andere Jobanbietern, die sich mit schlechterem Begnügen.

Beim AMS ist es schwierig. "Zuerst arbeitslos melden, dann können sie etwas für mich tun"; sagt die einzige Person hinter einem langen Servicebereich an dem wesentlich mehr Platz wäre, für weitere Personen, die ein System verwalten, das sich nicht auf "Arbeit" sondern auf "nicht Arbeit" konzentriert. Ich habe noch Arbeit, muss aber erst wissen, was sie für mich tun könnten. Vielleicht ist es besser mit der wenigen Arbeit die mir verbleibt wenigstens die Versicherung bezahlen zu können. Beides Arbeitslos + ein bisschen arbeiten geht nicht, weil Gewerbeschein und Arbeitslosigkeit sich ausschließen. Ich darf mir also nicht einen Teil meines Arbeitslosengeldes selber verdienen und muss die Chance vergeben, dass es doch wieder mehr wird und ich die Hilfe später nicht mehr brauche. Wenn ich einige Zeit gar keine Aufträge übernehmen kann verliere ich auch diese Chance und wirke mit dass jene nicht arbeitslos werden, die die Arbeitslosigkeit verwalten. Ich bin dann endgültig arbeitslos und werde verwaltet.

Nicht verwaltet werde ich, wenn ich auf Grund der psychischen Belastung der Arbeitslosigkeit krank werde. Nicht verwaltet werde ich wenn ich eine gesellschaftlich wertlosen Job mache mit dem ich mich nicht identifizieren kann weil ich ja dann noch Arbeit habe. Nicht verwaltet werde ich wenn die Hintergrundmusik der Sinnlosigkeit mit einer Überforderung überlagert, die Überforderung nicht in positive Energie umgewandelt werden kann, weil bei genauerem hinsehen das Sinnlose beschönigt ist und eigentlich als Sinnverkehrt angesprochen werden müsste. Es ist Sinnlos in einem anderen Land in Uganda etwas für die Menschen zu tun und sein eigenes Land Österreich mit meinen beruflichen Aktivitäten zu zerstören. Wir brauchen in Österreich keine neuen Autobahnen. Es benötigt zu viel Ressourcen, es stärkt die großen Strukturen der Wirtschaft, die damit noch zu einem stärkeren skrupellosen Machtfaktor wird. Zukunftsfähige Raumstrukturen werden durch höhere Geschwindigkeit zerstört. Die verlorene Zeit im Verkehrssystem bleibt die Gleiche. Man gewinnt nichts weil die Wege länger werden und die Geschwindigkeit höher wird und die Zeit gleich bleibt. t=s/v, das lernt man schon sehr früh in der Schule. Der Raum stirbt, die Umwelt stirb weil der Umweltverbrauch steigt, die Gleichheit ist am sterben, weil sich viele die teuren langen Wege auf die man sie mit Förderungen eingestellt hat nicht mehr leisten werden können. Die Tiere die die Autobahn queren wollen sterben immerhin nicht, da man teure Grünbrücken baut, auch gibt es vielleicht sogar mehr Frösche als vorher, da der Gewässerschutz ernst genommen wird. Das ist nicht schlecht. Aber die Umweltverträglichkeit wird falsch geprüft! Die Folter der Erde, der Menschen, der Tiere wird humaner gemacht. Das passt in unser wirtschaftliches System des Wachstums. Eine Autobahn wird gebaut, die Wirtschaft gemessen nach dem Bip. wächst, es werden Gewässerschutzanlagen gebaut, die Wirtschaft wächst, es müssen mehr Opfer des Verkehrs und des immer Schneller behandelt werden, die Wirtschaft wächst. Die Dienstleistungen in der Fläche (Schulen, Nahversorger, Arbeit) werden in die Zentren verlagert. Der Tausch ist unter dem Strich gut für die Wirtschaft denn wenn man für etwas mehr Energie benötigt, mehr verrechenbaren Aufwand betreibt ist das für die Wirtschaft gut. Schlecht ist, dass das was für die Wirtschaft gut ist nicht mit dem gekoppelt ist was für den Menschen gut ist. Es gibt dies Koppelungen. Man hat diese manchmal überlagert oder zugeschüttet, oft überstrapaziert; man hat es verabsäumt die Systemgrenzen zu erweitern. Man ist besser geworden in Detail, es gibt mathematische Modelle die Bewegungen auf den Straßen und Finanzmärkten voraussagen können. Ich habe großen Respekt vor diesem Wissen, ich werde vieles davon nie begreifen und vielleicht will ich es auch gar nicht. Es hat keinen Sinn am Detail zu feilen wenn das Ganze nicht stimmt, es befriedigt nicht. Es gibt das Gute im Schlechten, es ist aber unbeständig und kriseanfällig.
Eines würde ich sehr gerne begreifen. Warum wird die Frage nach dem Warum nicht gestellt. Warum brauchen wir diese großen Finanzströme, warum brauchen wir diese großen Verkehrsströme. Wozu braucht das der Mensch. man freut sich dass man besser geworden ist im Anschieben, schiebt immer mehr und hat den Punkt übersehen wo man nicht mehr anschieben hätte sollen, sondern bremsen. Jener Punkt an dem man bremsen oder wo anders anschieben hätte sollen ist einfacher als die Computersimulation für Widerstände im Verkehrssystem, ist einfacher jenes Modell das Trends in (chaotischen) Systemen erkennt (ohne die Hintergründe für die Bewegungen kennen zu müssen). Es gibt aber keine Lobby für diese einfachen Zusammenhänge wir lassen sie nicht entwickeln, weil es nicht zu unseren wirtschaftlichen Denkstrukturen passt. Manchmal habe ich das Gefühl einen anderen wesentlichen Grund übersehen zu haben.

Dieses Problem werde ich noch lösen müssen, es ist an den Schuldzuweisungen zu viel schwarz und weiß. An einer anderen Stelle möchte ich einige Grautöne hinzufügen. Es stimmt, dass ich etwas sinnvolles für die Geselschaft machen wollte und will. Es stimmt, dass ich diese Aufgabe in Uganda gefunden habe. Es stimmt auch dass ich der Meinung bin in Österreich mit dem Bau von Autobahnen zukunftsfähige räumliche und gesellschaftliche Strukturen zu zerstören. Es ist nicht sehr sinnvoll mit einer schlechten Sache Geld zu verdienen um es Teilweise in eine gute Sache zu Pumpen. Es wäre  vielleicht sinnvoller zuerst an einem System zu Arbeiten, das Richtiges in Wert setzt. Also Raum - und Verkehrsplanung vor dem Straßenbau oder Kampf gegen (von uns gesetzte) Rahmenbedingungen die Entwicklung in den ärmeren Ländern verhindern vor Maßnahmen im entsprechenden Land. Das fehlende grau liegt nicht nur in dem zu engen Blickwinkel............

Der Mann im Servicebereich gleich hinter dem Eingang sagt mir immer das Selbe "arbeitslos melden, dann können sie etwas für mich tun". Ich entgegne immer das Selbe "noch nicht, brauche vorher Infos und will mir die restliche Arbeit nicht nehmen lassen, weil ich gerne arbeite, kann aber bald nicht mehr davon leben". Nach der vierten Runde, hinter mir ist mittlerweile eine Schlange ein neuer Versuch: " wenn ich die Auskunft nicht hier bekomme, dann bitte eine Auskunft wo ich die Auskunft bekommen kann!  Ich lasse nicht locker. Ich bekomme schließlich einige Zettel und einen Termin in mehr als einer Woche. Ich bin angemeldet, obwohl ich noch nicht arbeitslos bin. Es geht also doch. Ich bin sehr froh darüber. Ich habe wahrscheinlich noch einen den ich vor meiner Scheinselbständigkeit gesammelt habe.

Ob ich ein schlechtes Gewissen habe beim AMS zu stehen. Eindeutig nein! Ich habe gute und sinnnvolle Arbeit geleistet, sogar gesellschaftlich wertvolles um mein Geld. Ich wünsche mir nichts mehr als das fort zu setzen. Mein Geld für sinnvolle Arbeit auszugeben kann ich mir leider nicht mehr leisten. Sollte ich im Lotto gewinnen werde ich das machen. Einige Bauprojekte in Afrika und vielleicht selber unterrichten, also etwas gegen die Armut und vielleicht auch gegen den Reichtum tun; nicht nur weil man den Reichtum zur Armutsbekämpfung verwendet, auch Maßnahmen die Strukturen aufdecken die diese Asymmetrien zulassen wären eine Maßnahme gegen den Reichtum. Aber ich schweife ab, wobei diese Art des kämpferischen abschweifens seltener geworden ist. Es ist ein Ausbrechen aus einer resignierenden Grundstimmung. Beim Schreiben gelingt das besser als im Alltag.


Die bessere Stelle bei meinem jetzigen Auftraggeber ist wieder ausgeschrieben. Ich bin mir nicht sicher ob ich mich noch einmal bewerben soll um wenigstens Aufmerksamkeit zu erregen, für eine "schlechtere" Stelle, die ja viele angeboten bekommen haben . Ich will erwähnen, oder eigentlich will ich genau auf das aufmerksam machen, darf es aber nur nebenbei erwähnen oder mitschwingen lassen, dass ich in meiner Freizeit viel Geld ausgegeben habe um meine Arbeit in Österreich weiterführen zu können, in einem Land, über das alle sagen, es sei alles viel schwieriger. Ich will erzählen, dass ich diese Herausforderung gut gemeistert habe, mit vielen positiven Synergieeffekten unter anderem in der Bekämpfung der extremen Armut. Ich will auch zu Hause mehr Herausforderungen. Ich würde das hören wollen, wenn es mir von jemanden erzählt wird. Warum soll ich es nicht erzählen? Warum will es keiner hören? Ich habe die Bewerbung nicht wiederbelebt. Es wird momentan alles negativ aufgefasst.

Warum also gutes tun und nicht darüber reden?! Weil man den Spiegel vorgehalten bekommt, weil vielleicht soziale Inkompetenz doch mehr ist als nicht zu Grüßen. Weil 7 Wochen Afrika, 5 weitgehend selbst finanzierte Projekte mit Querverbindungen zur Arbeit zu Hause vielleicht das Gegenteil von sozial Inkompetent sein könnten. Weil man seinen Urlaub anders verbring und trotzdem nacher noch einen Job haben könnte. Weil es Privatsache ist und nichts mit der Arbeit zu tun hat. Weil Gutmensch ein Schimpfwort ist, das schlechtes Verhalten legitimiert.

Der Spiegel führt zur Erfindung des Gutmenschen, das schlechte Gefühl angesichts des anderen Guten wird besser wenn man das Gute zum schlechten macht. Das System liefert gute Beispiele für eigennütziges Verhalten das für alle gut ist. Es funktioniert in engen Grenzen bei genau definierten Rahmenbedingungen, der Preis des Brotes pendelt sich automatisch in einem Bereich ein, der für den Bäcker und die Kunden gut ist.
Warum ist Gutmensch sein zu dürfen ein gutes Gefühl, für alle? Ich hatte Freude dabei. Warum wird es nicht gefördert Gutmensch zu sein. Es ist nicht nur ein System das Konkurrenz und Individiulismus hoch hält, es sind auch Menschen die den Spielraum in diesem System nicht im Sinne der Menschlichkeit ausnutzen sondern mit dem Strom schwimmen, die Schwanzfloschen harmonisch mit den größeren Fischen bewegen auch wenn sie dadurch die kleineren Fische vom Kurs abbringen oder ganz aus dem Fluss werfen. Sie sind für Bio, gegen Massentierhaltung und eigentlich sind sie für sich selber und nur für Ideologisches wenn sie nicht selber etwas dafür oder dagegen tun müssen. Verbal gegen Beschneidung der Frauen in Afrika "ja natürlich", gegen Beschneidung der Lebensgrundlage einer Person die gute Arbeit geleistet hat und sich gegen entsprechende Ungerechtigkeiten einsetzt, "nein", wenn man dann nicht mehr harmonisch mit den großen Fischen mitschwimmen kann".

Das Rückgrat wird ausselektiert, die Wirbellosen werden überleben. Das Rückgrat ist hinderlich wenn mann harmonisch mit den großen Fischen mitschwimmen will. Die großen Fische wissen nicht wo es hingeht da sie kein Rückgrat haben das ein menschliches Ziel vorzeigen könnte. Jene mit Rückgrat sind irgendwann aus dem Strom ausgebrochen und dürfen deshalb keine großen Fische mehr werden. Es wird bald nur mehr Fische geben, die so geübt sind mit dem Strom zu schwimmen, dass sie an der Spitze angelangt einem drohenden Eisberg nicht ausweichen können, es gerade noch schaffen nacher zu sagen sie waren immer schon gegen Eisberge, die sich Ihrem richtigen Weg entgegengestellt haben; und wenn das mit dem Eisberg der anderswo sein hätte sollen durchschaut wird, dann hat der Eisberg ja auch etwas gebracht. Die Musik und die Lichter auf der Titanik, ganz bis zum Schluss sind doch ein Symbol für eine zukunftsfähige Gesellschaft, die sie uns nicht geschenkt hätten, die großen Fische, hätten sie vorher ein Rückgrat gehabet. Manchmal wird auch jemand mit Rückgrat nach vorne gespült.


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